Hospital de Orbigo

Sitze heute schon zum zweiten Mal in einer Cafeteria – inzwischen in Hospital de Orbigo – und werfe Café con leche und ein Croissant ein.

Bin heute vor allem auf der N-120 unterwegs. Ist nicht die schönste Straße, hat aber einen breiten Seitenstreifen und lässt sich daher ganz gut befahren. Der Jakobsweg führt hier manchmal auch zig Kilometer an dieser bolzengeraden Straße entlang. Als Radfahrer find ich das ja manchmal schon etwas eintönig – wie muss das erst auf die Wanderer bzw. Pilger zu Fuss wirken?!

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Leon

14:00 Uhr : Leon.
Wirklich interessante Stadt, aber komme nicht ins Internet. Drumrum hässliche Industriegebiete wie bei jeder großen Stadt. Innen malerische Gässchen, in denen man sich verlieren kann. Beeindruckende Kathedrale, an der mir vor allem der helle Stein gefällt; wirkt nicht so duster, wie bei manch anderen Kirchen.

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Gordaliza del Pino

Seit 8:50 Uhr wieder unterwegs. Sehr viel früher kann man fast nicht loskommen: Sonnenaufgang war um 6:44 Uhr, bis dann alles gepackt ist, gefrühstückt (ok, heute nur ein Kaffee), die Morgengymnastik in Form von eigenem Rücken lückenlos eincremen und vor allem das Zelt verpackt ist, … Da geht die Zeit ratz fatz rum. Zelt einpacken geht eigentlich auch ruckzuck; ich muss aber warten bis es halbwegs trocken ist. Die Nächte sind hier auf ca. 900 Metern doch recht frisch und da bildet sich reichlich Morgentau. Und von innen schlägt sich das Schwitzwasser am Zelt nieder.

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Bin jetzt in Gordaliza del Pino, das nicht am Camino liegt; ich fahre ja jetzt leicht abweichend.

Halligalli in Sahagun

Hier tanzt der Bär: seit Donnerstag ist hier Volksfest inkl. Stierkampf (vgl. Bild). Na und außerdem spielt heute Spanien bei der WM in Brasilien. Auch noch gegen die Niederlande … und Niederländer gibt’s hier auch wie Sand am Meer. Zumindest auf dem Campingplatz.

Bei den Spaniern hier in Sahagun ist das WM-Spiel aber Nebensache. Musik- und Tanzgruppen ziehen durch die Gassen. Jede Gruppe hat ihre eigenen Farben.

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Unerträglich heiß

Die Sonne brennt gnadenlos vom Himmel. Habe mir an meinen schwarzen Satteltaschen die Finger verbrannt – naja, beinahe. Zum Glück ist die Tafel Schokolade längst aufgebraucht.

Tja, so ändern sich die Zeiten: während ich zu Beginn der Tour häufig gehofft habe, dass die Duschen heiß sind, kann’s jetzt gar nicht kalt genug sein.

Schöner Zeltplatz mit hervorragendem Rasen. Auf dem letzten Campingplatz habe ich mir teilweise die Heringe beim Zeltaufbau verbogen und hier ging das perfekt.

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Habe mich freiwillig zum Wäschewaschen im Waschhaus gemeldet, weil es da so schön kühl ist.

Sahagun

Heute eine kürzere Etappe mit 93 km; nach der langen Tour gestern und insbesondere den aktuellen Temperaturen durchaus angemessen. Bin deshalb bereits auf dem Campingplatz (bis zum nächsten wären es noch 37 km gewesen) und mach sozusagen einen halben Tag Pause 😉

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Ledigos

Habe ab Carrios die N-120 genommen, da in der Wegbeschreibung für den Camino was von „ruppigem Weg“ steht. Nachdem ich ja bereits die Variante „guter Witschaftsweg“ kenne – und das war schon grenzwertig – habe ich mir die ruppige Variante erspart. Die N-120 hier ist eine ausgesprochen spärlich befahrene Straße – da ist bei uns daheim in der Rupert-Mayer-Straße deutlich mehr los.

Zum Glück war das Schneeglätte-Schild da – bin dann die nächsten 2 km auch vorsichtiger gefahren 😉
Dabei zeigt mein Thermometer hier 42 Grad an – natürlich in der Sonne. Schatten ist hier echt Mangelware. Ein kurzer Stopp richtet sich hier tagsüber nicht mehr nach Durst oder Wegsuche, sondern ausschließlich nach Schattenplätzen.

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Carrion de los Condes

Wer auf dem Jakobsweg kontemplative Ruhe sucht, sollte nicht diesen traditionellen spanischen Abschnitt wählen. Hier ist richtig was los. Der Camino geht hier über viele Kilometer parallel zur Straße und somit bin ich allein heute schon an Hunderten von Pilgern vorbei geradelt. Und da sieht man einiges: manche mit forschem Gang, andere eiern schon etwas; mit Stöcken und ohne Stöcke (von Hightech-Nordic-Walking-Stöcke bis Holzprügel aus dem Wald, die halbe Bäume sind); mit riesigen Bergsteigerstiefeln, die andere allenfalls für eine Himalaya-Expedition verwenden würden, bis Badelatschen (also das würde ich auch nicht glauben, wenn ich’s nicht selbst gesehen hätte); manche halbnackt, andere komplett verhüllt (inkl. Gesicht); mit und ohne Hut (wieso haben die abends keinen Sonnenstich?); mit richtig viel Gepäck (einer sogar mit Gitarre in einer schwarzen (!) Hülle) und manche mit ganz kleinem Rucksack; den einen ragt der Rucksack weit übern Kopf hinaus und bei anderen hängt er fast in den Kniekehlen …

Auf dem Bild sind exakt 25 Pilger auf dem Camino zu sehen – hab‘ sie anschließend überholt (was mit dem Rad ja keine Kunst ist) und sie dabei gezählt.

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Boadilla del Camino

Seit halb zehn wieder unterwegs und jetzt in Boadilla del Camino. Sitze im Schatten der Kirche, genieße mein zweites Frühstück und lausche dem Klappern der Störche auf dem Kirchendach – da befinden sich gleich mehrere Storchennester; hab ich auch noch nie gesehen. Auf dem Foto sind vier Storchennester zu sehen – leider nur schwer erkennbar.

Meide inzwischen wo es nur geht den Camino und fahre ausschließlich über Landstraßen. Ich komme mir fremd vor, wenn ich mich mit dem Fahrrad zwischen den Fußpilgern durchschlängle. Der Pilgerweg sollte den Fußpilgern vorbehalten sein. Mich würde es als Radfahrer auch gewaltig stören, wenn auf einem ausgewiesenen Radweg plötzlich Autos aufkreuzen würden. Nur weil’s jetzt hipp ist oder was weiß ich. Abgesehen davon ist der Weg nun wirklich nicht radfahrtauglich – mit einem Mountain-Bike vielleicht. Da gefallen mir die einsamen Landstraßen doch erheblich besser.

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Meine Körperteile

Eine Frage, die sich viele insgeheim stellen, aber im Blog nicht ansprechen wollen (was ich als sehr taktvoll empfinde), ist die nach dem Wohlbefinden diverser Körperteile von mir.

Denen geht’s allen wirklich ausgezeichnet, schon die ganze Zeit, bis auf eines: meine kleinen Finger. Nicht dass ich da wirklich Schmerzen habe, aber irgendwie fehlt da manchmal das Gefühl. (Jetzt ist zur Erleichterung der Brasilianer eben der Ausgleich gefallen). Ansonsten absolut gar keine Beschwerden. Der aufgerissene Ellbogen, den ich mir in der Brandung von Biarritz zugezogen haben, hat ja nichts mit Fahrrad fahren zu tun, sondern mit meinem Drang, auch bei zu heftigen Wellen ins Meer zu springen.

Ein anderes Problem, das jetzt in Spanien so richtig zum Tragen kommt, ist die Sonne. Die brennt nun wirklich unbarmherzig herunter. Und auf dem Fahrrad gibt’s absolut keinen Schatten. Arbeite inzwischen mit Sonnenschutzfaktor 50, aber auch da britzelt’s im Laufe des Tages auf der Haut. Dann wird halt nachgecremt; oder wie Artur zu Sonnenschutzfaktor 50 sagen würde: mit dem Spachtel aufgetragen.